In der Gemeindebücherei Salching gibt es die erste Saatgutbücherei im Landkreis
Knoblauch-Schnittlauch, Hokkaidokürbis oder Ochsentomaten – wer sich damit selbst versorgen will, hat in Salching die Gelegenheit dazu. Denn in den Räumen der Gemeindebücherei hat Leiterin Sabine Schlosser die erste Saatgutbücherei im Landkreis aufgebaut. Dort holt man sich im Frühjahr das Saatgut und gibt im Herbst die geernteten Samen zurück – zur Abholung für den Nächsten.
Wenn man die Gemeindebücherei in Salching betritt, fällt der erste Blick auf einen kleinen, rechteckigen Tisch, der gleich links neben dem Eingang steht. Zwei braune Leinentücher mit grünem Aufdruck sind darauf drapiert. Die Worte „Flowers & Garden“ zieren zwei Holzkistchen und weisen schon darauf hin, dass der Inhalt etwas mit Blumen und Garten zu tun hat: In weißen Säckchen befindet sich verschiedenes Saatgut – von Kräutern bis hin zu Gemüse zum Eigenanbau. Zu den Öffnungszeiten der Bücherei kann sich dort jeder ohne Anmeldung etwas abholen – oder abgeben.
Auslöser war Volksbegehren „Rettet die Bienen“
Die Idee zu diesem Tauschbörsenprinzip sei ihr bereits im Jahr 2019 während des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ gekommen, als beworben worden ist, dass jeder Blumen für Bienen anbaut, erinnert sich Büchereileiterin Sabine Schlosser. „Denn wer Blumen hat, der hat auch Saatgut.“ Dabei bleibe häufig etwas übrig, das man an andere weitergeben kann. „Und bevor man es dem Nachbarn willkürlich in den Garten schmeißt, kann es sich bei uns jemand abholen, der es möchte“, sagt Schlosser und lacht.
Offiziell eröffnet worden ist die Saatgutbücherei bereits vor einem Jahr, aber wegen Corona ohne Beisein der Öffentlichkeit. „Damals konnte man das Saatgut nur telefonisch bestellen.“ Was es genau gibt, ist auf der Internetseite der Gemeindebücherei aufgelistet. Inzwischen sind durch Saatgutspenden von Privatpersonen über 50 verschiedene Sorten im Angebot – 20 Arten von Gemüse und Kräutern sowie um die 30 Blumenvariationen. „Wir haben schon eine schöne Auswahl“, zeigt sich Schlosser begeistert.
Unter Einhaltung der 2G-Regel kann man sich inzwischen ohne Termin bedienen – in begrenzten Mengen. „Unsere Bücherei soll schließlich größer werden, nicht kleiner.“ Sie sei für jeden offen – ob in der Gemeindebücherei angemeldeter Leser oder nicht. Im Herbst bringt man die geernteten Samen in die Bücherei zurück. „Was man selbst braucht, darf man aber natürlich behalten“, erklärt die Büchereileiterin. Die Menge, die in einem Päckchen ausgegeben wird, variiert je nach Pflanze. „Bei Tomatensorten, von denen wir wenige Samen bekommen, erhält man schon auch mal nur zehn.“ Die würden – neben Paprika und Blumen – derzeit am besten angenommen. Das Feedback sei generell durchweg positiv, sagt Schlosser. „Wer im vergangenen Jahr mitgemacht hat, weiß schon Bescheid. Viele haben heuer nachgefragt, ab wann man wieder etwas abholen kann.“
Sabine Schlosser ist selbst Hobbygärtnerin: Sie habe schon vorher selbst Tomaten gezogen und seitdem mehrere Sorten dazugenommen. Ochsentomatensamen zum Beispiel habe sie von einer Freundin bekommen, die in diesem Bereich schon Erfahrung gesammelt hat. „Ich finde es schön, wenn es überall blüht.“ Deshalb habe sie in ihrem Garten eine Blühfläche angelegt. „Ein solches Bienenglück kann jedermann zu Hause schaffen.“
Samenfeste Bio-Sorten sind besonders geeignet
Besonders erfolgreich anbauen könne man Blumen und Gemüsesorten, die samenfest sind – insbesondere Bio-Sorten. „Oder alte Sorten, die es schon lange in Gärten in Oberpiebing und Salching gibt.“ Die hätten sich bereits an das Klima angepasst und könnten wohl anderswo nicht lange überleben. „Wenn eine Pflanze schon immer regional angebaut worden ist, fühlt sie sich in dieser Gegend einfach wohl.“ Damit würden viele Samen entstehen, die man entnehmen und für den Nächsten in der Saatgutbücherei abgeben könne. „Am besten nimmt man die Samen zum Beispiel von einer richtig großen, saftigen Tomate“, erklärt Schlosser. Geht dabei aber etwas schief und es kommen keine Samen heraus, sei das nicht schlimm. „Das kann immer passieren. Wenn etwa die Paprika nichts werden, man aber sowieso noch Kürbisse angebaut hat, kann man auch einfach deren Samen abgeben.“
Zum Anbau verschiedener Sorten gibt es auch Bücher zur Ausleihe. In denen habe sie sich selbst schlaugemacht, sagt Schlosser. „Ich bin zwar kein Profi, aber inzwischen weiß ich ungefähr, wann man was wie anbauen muss.“ Man lerne viel dazu und werde für die Bedeutung der Pflanzen für die Natur sensibilisiert. „Und erfahrungsgemäß hält das, was man selbst anbaut, länger als das, was man im Supermarkt kauft.“
Für die Zeit nach Corona hat Schlosser große Pläne für die kleine Saatgutbücherei: „Ich hätte gerne, dass sie zu einer dauerhaften, mit Leben erfüllten Saatgutbörse für jedermann wird.“ Deshalb sollen, sobald die Pandemiesituation es erlaubt, Vorträge zum Thema stattfinden. „Dann kann man das ganze Drumherum ausbauen und einen Treffpunkt für Interessierte und die Obst- und Gartenbauvereine schaffen.“ Denn Schlosser zeigt sich überzeugt davon, dass der bewusste Umgang mit der Natur noch lange ein großes Thema bleiben wird.
Quelle: Sandra Hartl/Straubinger Tagblatt